Der "Iceman" hat mit dem Rad in 70 Tagen die Ostsee umrundet
Harry spielt Mitte in der „Fantastischen Dritte“, kann aber auch Außen oder Diagonal. Zuletzt hat sich der 23-jährige jedoch einer ganz besonderen Herausforderung gestellt. Zusammen mit einem Kumpel umrundete er mit dem Rad die Ostsee – innerhalb von 10 Wochen und ohne elektrische Unterstützung.
Der „Iceman“ und sein Kumpel Jens sind über Polen, Litauen, Lettland und Estland gefahren und nach einer Fährüberfahrt in Finnland gelandet. Von dort setzte das Gespann irgendwann über nach Schweden und fuhr die Küste südwärts entlang Richtung Dänemark. In Kiel trennten sich die jungen Helden Ende September wieder – nach 70 Tagen und insgesamt 6.500 gefahrenen Kilometern. Jeden Tag haben sie durchschnittlich 100 km im Sattel gesessen – und dabei noch Gepäck mitgeschleppt.
Doch wie kam es dazu?
Harry hat gemeinsam mit seinem Osnabrücker Kumpel Jens an der Berufsschule den Techniker in Elektrotechnik gemacht. Eine Arbeitsstelle bereits in der Tasche, hatte er im Sommer Zeit für einen ausgiebigen Aktivurlaub. Als er dann hörte, dass sein Kumpel mit dem Rad die Ostsee umrunden wollte, war er sofort Feuer und Flamme. „So was habe ich noch nie vorher gemacht!“ Er war bisher nicht der große Radfahrer. Als er sich zu der Tour entschied, kaufte er sich ein vernünftiges Rad. Im Frühsommer machte er eine einwöchige Probetour an die Nordsee. Der Testlauf gelang.
So packte er Mitte Juli seine neue Ausrüstung in die Radtaschen und startete mit Kumpel Jens Richtung Lübeck. Ein Volleyball musste ebenfalls mit. Der „Iceman“ wollte hier und da auch aufschlagen und pritschen – als Völkerverständigung sozusagen. Ab Lübeck radelten die beiden ostwärts an der Ostsee entlang über Rügen und Polen. Sie schafften rund 20 km pro Stunde, das ist sportlich, auch angesichts des Gepäcks! Und um voran zu kommen, wurden sie mit den Tagen auch nicht langsamer. Und doch hat das Duo seine Strecken nicht vorher geplant, sondern in den Tag hineingelebt. Eine grobe Orientierung bot die Ostseeküsten-Route „Euro-Velo 10“. Fast immer wurde gezeltet. „Wir sind aufgestanden, wann wir wollten. Zwischen 7.30 und 9:00 Uhr hatten wir alles dabei.“
Zelten direkt am Wasser
Frühstück gab es, wenn sich eine Sitzgelegenheit bot. Danach fuhren Sie 20 bis 30 Kilometer, ehe pausiert wurde. „In dem Rhythmus sind wir weitergefahren. Und ab 60, 70 Kilometern und der zweiten Pause haben wir überlegt, wo wir bei 100 km an dem Tag ankommen könnten“, erzählt Harry. Sie suchten online auf Landkarten nach offenen Flächen, um ihr Zelt aufschlagen zu können. Die Spots direkt am Wasser wurden schnell zu ihren Lieblingsplätzen. Da die Tour nicht nur ein sportliches Abenteuer, sondern auch Urlaub sein sollte, planten die Radfahrer acht Ruhetage in Städten ein – mit Übernachtung in einem normalen Bett im Hostel oder Apartment. „Wir haben zugesehen, dass wir alle sieben bis zehn Tage einen Tag zur Entspannung hatten. Das war auch für den Kopf wichtig.“ Sie sahen so unter anderem die Hauptstädte Riga, Tallin, Helsinki, Stockholm und Kopenhagen.
Temperaturen bis nahe an den Gefrierpunkt
Manchmal wurde auch eine Stunde am Strand gechillt. Außerdem waren die beiden fast jeden Abend irgendwo essen, danach wurde das Zelt aufgebaut oder noch ein wenig gefahren. Manchmal erreichten sie ihr Tagesziel erst gegen 21 Uhr. Doch als der Sommer ging und sie durch Finnland radelten, wurde es früher dunkel, was die tageroutine etwas nach vorne verschob. Zudem kühlte es sich ab, nachts zeitweilig auf zwei bis vier Grad.
„In Finnland und Schweden wurde es richtig anstrengend. Wir hatten Gegenwind und es war hügelig. Tagsüber haben wir gekämpft. Und wenn wir abends angekommen sind, war ich einfach glücklich, 100 Kilometer geschafft und bis zum nächsten Tag Pause zu haben“, erzählt der Volleyballer von emotionalen Hängern und körperlichen Strapazen. Aber das abendliche Essen und die Aussicht auf den nächsten Ruhetag hätten ihn immer wieder ermutigt. Doch wegen widriger werdenden Wetterverhältnisse n entschieden die die Radfahrer irgendwann, die eigentlich für drei Monate geplante Tour etwas zu verkürzen. Die Radreise endete in Kiel. Von dort aus ging es für den Iceman im Zug zurück in den Altkreis.
Beim Gespräch einige Tage später ist Harry immer noch begeistert von den vielen Eindrücken. „Es ist toll, jeden Tag unterwegs zu sein und etwas Neues zu sehen. Das Schönste war für mich der Besuch in den fünf Hauptstädten. Schweden hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Ich würde noch einmal so eine Tour machen, nicht unbedingt für zwei oder drei Monate, aber länger als eine Woche auf jeden Fall.“ Und Harry will das Rad auch zukünftig stärker in seinen Alltag integrieren.
Und der Volleyball? Der war an der Ostsee kaum im Einsatz. Oft sei nichts los gewesen auf den Beachfeldern, die sie unterwegs passierten. „Wir haben nur dreimal gespielt. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Aber oft war die Zeit zu knapp, oder wir waren abends zu erschöpft.“ Dafür ist der „Iceman“ nach seiner Rückkehr seiner Rückkehr direkt wieder ins Spielgeschehen bei der „Fantastischen Dritten“ eingestiegen – trotz Muskelkaters in den Beinen, der sich nach der Tour entwickelt hatte und erst anderthalb Wochen später wieder verzog.